Donnerstag, 31. Mai 2012



Auf der Achterbahn der Gefühle

In Natascha Ochsenknecht steckt eine starke Persönlichkeit

Natascha Ochsenknecht ist aus den Boulevard-Magazinen
hauptsächlich als Gattin des Schauspielers Uwe
Ochsenknecht bekannt. Sie posierte auf roten Teppichen
mit ihrem Mann und ihren Kindern. Jimi Blue und Wilson
Gonzalez wurden durch die Verfilmungen von "Die wilden
Kerle" bekannt. Auch Natascha und Uwe Ochsenknecht
spielten darin mit. Ein Bilderbuch-Vorzeigeehepaar im
Rampenlicht. Doch der Schein trügt. Sie, schön und
Solarium gebräunt, er, der Held aus dem Erfolgsfilm
"Männer". Doch wie es hinter den Kulissen aussieht,
das schildert das ehemalige Model in ihrem Buch "Augen
zu und durch". Natascha Ochsenknecht stammt aus einem
winzigen Dorf mit 500 Einwohnern und lernte ihren Mann
nach dessen Ruhm in "Männer" im Alter von 24 Jahren kennen.
Nach zehn Tagen machte der bekannte Schauspieler ihr einen
Heiratsantrag. Die Ehe, die jetzt geschieden wurde, hielt
20 Jahre. Heue ist Natascha Ochsenknecht mit einem 20
Jahre jüngeren Profi-Fußballer liiert und lebt in Berlin.
Sie durchlebte Höhen und Tiefen in ihrem Leben wie auf
einer Achterbahnfahrt. Sie lernte große Stars kennen,
erlebte lustige Geschichten  wie auf dem Regensburger
Schloss von Gloria von Thurn und Taxis, aber auch Tragisches.
Der schönen Frau mit der Model-Figur sieht niemand an,
dass sie sehr krank war. Eine Fehlgeburt im fünften Monat,
eine hochgradige Verengung eines Hauptgefäßes vom Darm und
einen Mitralklappenprolaps (Herzklappe) musste sie verkraften.
Freimütig schreibt sie über ihre Schmerzen, das Alleinsein
mit den Kindern und über ihren Überlebenskampf. "Ich brauchte
ungefähr ein Jahr, bis ich meine alte Form erreicht hatte.
Das war mühsam, aber ich lernte, Geduld zu haben", erinnert
sie sich. Natascha Ochsenknecht, die bodenständig geblieben ist,
lernte Demut durch die Tiefschläge. Ende der 1990er Jahre
musste die Autorin wegen einer Blinddarmentzündung notoperiert
werden. Ihre Schwangerschaft mit der kleinen Cheyenne war
wegen der Bauch-OP eine Risikoschwangerschaft. Doch es ging
gut danke ihres Kampfgeistes. Dem Buch nach war wohl die
Anfangszeit ihrer Ehe am schönsten. Die Phase ohne Glanz und
Glamour, als sie noch modelte und das Paar viel Zeit
miteinander verbrachte. Sie hörten gemeinsam Musik, erkundeten
Ungarn, wo Uwe Ochsenknecht für "Bismarck" drehte. Nach der
Geburt der Kinder war sie mehr an das Haus in München gebunden,
während ihr Mann drehen musste. Nur nach New Orleans, wo
Uwe Ochsenknecht eine Serie drehen sollte, kam die ganze
Familie mit. Auch an die anderen Drehorte wie Los Angeles,
Ventura und Hamburg. 2002 kam der "Familiendreh" für "Die
wilden Kerle". Das brachte aber auch Neid und es ging das
Gerücht, dass Uwe Ochsenknecht alle Türen für den Nachwuchs
geöffnet hätte. Das stellt die Verfasserin richtig. Die Söhne
wurden gecastet, erst danach folgte die Besetzung der Eltern
in demselben Film. Bescheiden ließen sowohl Uwe als auch
Natascha Ochsenknecht ihre Söhne Jimi und Wilson seit dem
11. Lebensjahr Fahrrad, Laptop, Fernseher und die Wohnungseinrichtung
später selbst bezahlen. Obwohl Natascha Ochsenknecht auch gerne
geholfen hätte, wie sie sagt. Ihren Kindern wollte sie vor
allem Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit mit auf den Weg
geben, weil man Kinder nicht vor allem bewahren kann. Drei
Jahre nach der Geburt von Tochter Cheyenne schlug das Schicksal
erneut zu. Natascha Ochsenknecht musste erneut operiert werden.
Darmschlingen drückten durch. Zu allem Übel folgte noch das
fälschlicherweise als Grippe behandelte Pfeiffersche Drüsenfieber
mit Gelenkschmerzen und Bewegungsunfähigkeit. Und das über Wochen.
Damit nicht genug. Es folgte eine frustrierende Reha, Depressionen
und eine Entzüngung der Schilddrüse. Zu allem Unglück wurde ihr
Vater schwerkrank und starb. Aber das Buch endet mit einem
Happy End. Mit dem Märchen von der Liebe zu einem jungen Fußballer,
den Natascha Ochsenknecht durch Zufall bei Facebook kennenlernte.
Die Autorin liest sehr viel und möchte weitere Bücher schreiben.
"Augen zu und durch" ist sehr flüssig und unterhaltsam
auf Papier gebannt und zeigt eine starke Frau hinter der Glitzerfassade.
Es ist aber auch ein Buch, das Mut macht, niemals aufzugeben.
(c) Corinna S. Heyn


Natascha Ochsenknecht,
Augen zu und durch.
Die Geschichte meiner Familie jenseits
des roten Teppichs.
mvg Verlag 2012.
http://www.mvg-verlag.de

Samstag, 26. Mai 2012

Buchkritik: Hera Lind, Männer sind wie Schuhe



Ein Mann sorgt für neue Flötentöne bei Lotta von Thalgau

Hera Lind: Männer sind wie Schuhe


Lotta von Thalgau leitet eine Musikschule in der
Provinz namens Heilewelt. Sie gibt vor Weihnachten
als Dirigentin "Peter und der Wolf". Betört ist
die dreifache Mutter vom Soloflötisten der Wiener
Philharmoniker Christian Meran. Genervt ist sie
von Bäckermeister Grngroß, der seine Tochter Viktoria
als Klarinettistin ganz groß bei "Wetten, dass?"
herausbringen will. Empört ist sie über den Heiratsantrag
ihres Lebensgefährten Jürgen Immekeppel, der als
Sparkassendirektor auch nach außen hin solide wirken will.
Doch Lotta fühlt auf einmal Schmetterlinge im Bauch.
Die flattern aber wegen Christian Meran wild umher, mit
dem sie nach der gelungenen Aufführung beim Bier wie ein
Teenager herumknutscht. Zu dumm, dass ausgerechnet der
abgekanzelte Bäckermeister Gerngroß in diese Szene platzt.
Er stiftet jede Menge Unfrieden. Bei Jürgen Immekeppel,
der wiederum Anita, die Frau des Flötisten anruft und
sie informiert. Sie wechselt relativ rasch die Türschlösser
der Villa aus und lässt sich von einem Anwalt über den Tisch
ziehen. Beide Frauen, Anita und Lotta, lässt Hera Lind
in der ersten Person erzählen, was zunächst verwirrt, doch
durch die Kapitelüberschriften mit den jeweiligen Namen
schnell klar wird. Die Autorin hat ein Gespür für witzige
Dialoge und für ihre Personen, die sie fast treuherzig
oder tolpatschig durch's Leben laufen lässt. Viel Herzenswärme
ist immer mit dabei, trotz drohender Scheidung bei den
Meran's, verpatzten Weihnachten und Silvester. Komische
Szenen gibt es zuhauf wie diejenige, als der Lokalreporter
Justus Schaumschläger Lotta mit einer Enthüllung über ihre
angeblich baldige Hochzeit in die Enge drängen will. Er
wiegelt sie gegen ihre beste Freundin Sophie auf. Relativ
gelassen in dem ganzen Beziehungstrubel, den Intrigen und
Gemeinheiten bleiben hingegen die Kinder beider Familien.
Hera Lind hat einen sehr vergnüglichen Roman verfasst, der
an ihre eigene Lebens- und Leidensgeschichte erinnert und
leicht wie Puderzucker ist. Eine ideale Sommerlektüre für
den Urlaub.
(c) Corinna S. Heyn


Hera Lind,
Männer sind wie Schuhe.
Diana Verlag 2012.
Preis: 17,99 Euro/18,50 Euro (A), 25,90 Sfr.
350 Seiten
Verlagsgruppe Random House GmbH